Anregungen für eine kurze Homilie
Man muss es ja nicht zur Gänze aufbröseln, aber andenken darf man's zumindest: Da feiern wir den 8. Dezember als unser Gründungsfest. Wenn wir den 8. Dezember als Katholiken feiern, dann feiern wir, dass Gott in Maria einen neuen Anfang setzen wollte.
Wenn P. Franziskus vom Kreuz Jordan ausgerechnet auf diesen Tag den Gründungstag unserer Gesellschaft hingelegt hat, ist es dann so abwegig zu behaupten, dass auch er in der Kirche etwas ganz Neues und Gewaltiges angestrebt hat? Freilich auch nicht aus eigener Kraft. Immer wieder hat er auf die Gnade verwiesen, deren er bedurfte. Seiner Berufung zu diesem Schritt wurde er sich immer sicherer. In vielen Diözesen wurden und werden in unserer Zeit ein "Jahr der Berufung" ausgerufen.
So 2004 in Augsburg, heuer in München-Freising und für 2007 in Rottenburg-Stuttgart.  Anlass für das "Jahr der Berufung" ist der Mangel an Geistlichen Berufen, an Priester- und Ordensberufen. Dieses "Jahr der Berufung" will aber auch Anlass sein grundsätzlich über die Berufung jedes Menschen und jedes Christen nachzudenken.
Was dies konkret bedeuten kann, das sehen wir an Maria. An ihr können wir sehen: Jede Berufung geht von Gott aus. Am Anfang steht eine Initiative Gottes.
Vor dieser besonderen Berufung hat Maria auch schon auf den allgemeinen Ruf Gottes geantwortet. Als frommes jüdisches Mädchen hat sie auf das Wort Gottes gehört, hat sie gebetet und sich bemüht, ihr Leben im Glauben zu gestalten. Und weil sie dies getan hat, war sie auch fähig auf den besonderen Ruf Gottes zu hören.
Diese Antwort Marias auf die Berufung ist uns allen vertraut: "Siehe ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort." (Lk 1,38) Sie sagt Ja dazu, die Mutter des Messias zu werden. Sie hat sicher noch nicht vorausgesehen, was in diesem Ja alles eingeschlossen war. Das Geheimnis der Berufung entfaltet sich in ihrem ganzen Leben. Sie wird ständig neu gerufen und hat auf die je neue Situation des Gerufenwerdens zu antworten.

Wenn auch die Berufung Marias einmalig und einzigartig ist, kann sie Vorbild sein für unsere jeweilige Berufung. Vorbild ist die Initiative Gottes vor jeder Berufung. Gott ist im Leben Marias vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis gegenwärtig und wirksam. Dies ist bei jedem Menschen der Fall.

"Als ich geformt wurde im Dunkel,
kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde,
waren meine Glieder dir nicht verborgen.
Deine Augen sahen, wie ich entstand;
in deinem Buch war schon alles verzeichnet;
meine Tage waren schon gebildet,
als noch keiner von ihm da war." (Ps 139,15f.)

[Deshalb wurde auch der Psalm vorher für die Vesper ausgewählt]

Wenn wir grundsätzlich offen sind für das Wort Gottes, für die innere Stimme des Gewissens, dann können wir auch leichter unsere besondere Berufung erkennen und auf sie antworten; ich kann leichter erkennen was meine Berufung ist.
Und wenn ich auch mit der Ordensprofess schon einmal grundsätzlich zu meiner Berufung Ja gesagt habe, ist mit diesem Ja zu meiner besonderen Berufung ist die Berufungsgeschichte nicht zu Ende. Sie steht erst am Anfang. Wir sehen dies an Maria, und an allen Gerufenen, von denen uns die Bibel erzählt. In den verschiedenen Situationen und Lebensphasen soll ich offen sein für den jeweiligen Anruf Gottes, um der Berufung immer neu zu entsprechen. Und dies ist nicht so einfach.
Aber warum sollen wir nicht auch darauf vertrauen dürfen, dass Gott, der mich gerufen hat und ruft, auch alle meine Wege mitgeht?

Zum Download der Homilie