Philippinen

100 Tage danach.
Erfahrungsbericht von P. Hubert Kranz im Katastrophengebiet von Samar und Leyte

100 Tage nach Supertaifun "Haiyan" war ich persönlich im Katastrophengebiet von Samar und Leyte, um die Lage vor Ort zu erkunden und um Informationen zu bekommen, wie unsere Spendengelder eingesetzt werden.

Wie kommt man auf die Idee, in ein Katastrophengebiet zu fahren?
In den letzten Wochen und Monaten sind sehr viele großzügige Spenden  für die Opfer von Supertaifun "Haiyan" eingegangen und viele davon über meinen Namen. Das hat mich irgendwie dazu gedrängt, persönlich danach zu schauen, wie mit Spendengeldern umgegangen wird. Eine Einladung von Caritas Novaliches (Diözese im Norden Manilas) eröffnete mir ganz unerwartet die Möglichkeit unter sachkundiger Führung in die betroffenen Regionen zu fahren.

  Hier in Folge die Bilder des Besuchs in den betroffenen Gebieten.

Hilfsaktion in Leyte
Die Diözese Novaliches hat eine Patenschaft für ein ganzes Dekanat im Norden von Leyte übernommen und organisiert seither Hilfstransporte und Aufbauhilfe  für fünf Pfarreien. Das war nun schon der vierte Hilfstransport seit dem großen Sturm. Wir waren ein Konvoi von
7 Personenkraftfahrzeugen mit 36 freiwilligen Helfern und 5 großen Lastwagen mit Hilfsgütern. Wir waren 2 Tage unterwegs auf zum Teil sehr schlechten Straßen und setzten mit der Fähre nach Samar über. Nach Leyte ging es über die berühmte San Juanico Brücke, die die Inseln Samar und Leyte verbindet. Mit dabei waren auch 4 von unseren salvatorianischen Schwestern und das Leitungsteam von SPCC (Salvatorian Pastoral Care for Children). Die 9 Ärzte des Helferteams kamen per Flugzeug nach Tacloban City. In den folgenden drei Tagen zogen 3 Ärzteteams mit ihren Helfern von Ort zu Ort, um Leute kostenlos zu behandeln. Die Sozialarbeiter von unserem SPCC-Team zogen mit und machten Programm für die Kinder, von denen viele noch unter den traumatischen Erlebnissen des Taifuns leiden. Parallel dazu lief die Verteilung der Hilfsgüter; hauptsächlich Gemüse, Saatgut und Baumaterial. Außerdem läuft gerade ein Bootbauprogramm, bei dem 100 zerstörte Fischerboote ersetzt werden. Mit dieser großangelegten Aktion schafft es die Caritas Novaliches flächendeckend zu helfen. Das Aufbauprogramm wird vor Ort von den Pfarrern geleitet mit Hilfe von Freiwilligenteams. Das ist sehr wichtig, dass die Rehabilitationsprogramme vor Ort weiterlaufen, auch wenn gerade niemand von Manila da ist.

Besuch in der Diözese Borongan
Am Ende dieser Aktion trennten sich unsere Wege. Während die Einsatzkräfte aus Manila wieder heimfuhren, reisten Sr. Irma, Oberin der Salvatorianerinnen, Sr. Eloisa und ich weiter nach Ost-Samar in die Diözese Borongan. Dorthin geht der Großteil der salvatorianischen Spendengelder. Bei unserer Ankunft in Borongan haben wir schon mal einen guten, ersten Eindruck. Man kann kaum gehen auf den Fluren des Bischofshauses, weil überall Hilfsgüter gestapelt sind. An den Wänden sieht man Einsatzpläne, mit deren Hilfe die Verteilung in die verschiedenen Pfarreien im Katastrophengebiet organisiert wird. Bischof Crispin Bai Varquez begrüßt uns. Das Abendessen steht schon bereit. Zur Zeit geht es zu wie im Taubenschlag, da sehr viele freiwillige Helfer ein- und ausgehen. Es gibt keine Rezeption. Das Eingangstor zum Treppenhaus steht immer offen. Wer zum Bischof muss, geht einfach rein und schaut, ob er da ist. Der Bischof nimmt sich viel Zeit für uns und fährt uns teilweise persönlich  umher. In den drei Tagen unseres Aufenthaltes machen wir uns mit der Situation der Leute vertraut und informieren uns über die Hilfsprogramme der Diözese.

Zur Situation in der Diözese Borongan, Ost-Samar
Über ein Vierteljahr nach dem Taifun sind die Trümmer weggeräumt. Die Leute versuchen ihr Leben wieder aufzubauen. Die ganze Gegend wirkt wie eine große Baustelle. Überall wird gewerkelt und gezimmert. Die Straßen sind schlecht, aber wieder befahrbar. Die Verkehrsverbindungen sind wieder intakt und laufen nach Fahrplan. Es gibt ausreichend Treibstoff. Auch die Wasserversorgung funktioniert wieder einigermaßen. Nahrungsmittel gibt es theoretisch genug. Viele Leute haben aber kein Geld, um alles Lebensnotwendige zu kaufen. Die Einkünfte sind weggefallen und zugleich die Preise hochgegangen. Schäden sind noch überall sichtbar. Millionen von Kokospalmen wurden beschädigt oder liegen flach. Überall sieht man Zeltstädte oder notdürftig abgedeckte Häuser. Manche Orte wirken wie ein riesiger Campingplatz. Die Provinzen Samar und Leyte galten schon vor dem großen Sturm als die ärmsten Provinzen der Philippinen. Nun hat Supertaifun Haiyan ausgerechnet dort zugeschlagen und die Armut der Leute noch verschlimmert und zugleich der ganzen Welt bewusst gemacht.

Es gibt fünf Schwerpunktbereiche, wo geholfen wird:

1. Hilfsgüter
Die Versorgungslage hat sich wieder stabilisiert. Es gibt aber immer noch Leute, die auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, weil sie keine Eink ünfte mehr haben oder weil ihre Lebensgrundlage zerstört wurde. Am meisten wird zur Zeit Baumaterial benötigt.

2. Livelihood programs
Die Hilfslieferungen können nicht ewig weitergehen. Es ist von zentraler Bedeutung, die Leute aus dieser Versorgungsabhängigkeit wieder herauszuholen und dafür zu sorgen, dass sie selber ihren Lebensunterhalt verdienen können. Die Haupteinnahmequellen in der Region sind Fischfang und Kokos. Viele Fischerboote wurden zerstört. Die Diözese hilft hier ganz konkret mit Finanzhilfen für die Reparatur oder Neubeschaffung von Booten. Die zerstörten Kokospalmen werden 5-8 Jahre brauchen bis sie wieder Ertrag abwerfen wie vor dem Sturm. Bei unserem Transport nach Leyte haben wir auch Saatgut im Wert von fast 5.000 Euro mitgebracht. Jetzt müssen sich viele Bauern auf Gemüseanbau konzentrieren bis sich die Kokosbestände wieder erholt haben.

3. Wiederaufbau
Der Wiederaufbau wird noch lange dauern. Für diese Erkenntnis braucht man keinen Lokaltermin. Wenn eine ganze Region in Trümmern liegt, dann kann man das nicht in ein paar Wochen wieder aufbauen. Gemauerte und betonierte Gebäude haben am besten standgehalten. Da fehlt oft nur das Dach. Man sieht viele Dächer, die bereits wieder repariert sind. Viele Dächer sind mit Planen abgedeckt. Manche Dörfer wurden komplett wegschwemmt, einschließlich Friedhof, da nicht nur der Sturm kam, sondern auch eine Flutwelle vom Meer her. Es muss ein apokalyptisches Szenario gewesen sein wie aus einem Horrorfilm, als mit der Flutwelle und dem Toben und Brausen des Taifuns die Leichen der bereits Verstorbenen durch die Straßen getrieben wurden. Sie mussten ein zweites Mal beerdigt werden. Viele Leute leben bis heute in Zelten. Das kann natürlich keine Dauerlösung sein. Beim nächsten Sturm hat man gesehen, was das bedeutet. Zelte bieten keinen Schutz gegen Sturm. Die durchschnittlichen Häuser sind relativ klein und aus Holz gebaut. Die meisten Leute können sich selber helfen mit dem Hausbau, wenn sie nur die nötigen Materialien zur Verfügung haben. Die Preise für Baumaterial sind natürlich gestiegen, weil der Bedarf hoch ist. Das ist die Stunde der Spekulanten und Krisengewinnler. Es gibt aber auch positive Beispiele. Eine Hilfsorganisation hat große Mengen Sperrholz und Wellblech aufgekauft, um die Preise kontrollieren zu können. In Leyte hat ein mutiger Bürgermeister den ortsansässigen Geschäften kurzerhand die Geschäftslizenz entzogen als sie überteuerte Preise verlangt haben. Die Kirche beteiligt sich aktiv am Wiederaufbau. Unsere salvatorianischen Schwestern finanzieren ein Hausbauprojekt in der Diözese Borongan mit Hilfe amerikanischer Sponsoren.

4. Schulbildung
Viele Schulen wurden zerstört. Über Wochen ist der Unterricht ausgefallen. Überall auf den Schulhöfen sieht man große Zelte, die als provisorische Klassenzimmer dienen. Das größte Problem sind die Schulabbrecher. Viele Schüler sind nicht mehr zum Unterricht zurückgekommen, weil die Eltern das Schulgeld nicht mehr bezahlen können und im Moment zuhause größere Probleme haben. Manche Kinder sind noch traumatisiert und haben Angst in die Schule zu gehen. Dabei muss man wissen, dass die Schulen als Evakuierungszentren gedient haben und viele Kinder genau dort die Sturmkatastrophe erlebt haben. Manche Familien sind einfach geflohen und nicht mehr zurückgekommen. Und dann gibt es noch die Klassenkameraden, die ihr Leben verloren haben. In Leyte wurde uns erzählt, dass 60% der College-Schüler nicht mehr zum Unterricht erschienen sind. Übersetzt ins deutsche Schulsystem würde das heißen, dass 60% der Lehrlinge ihre Lehre abgebrochen haben und 60% der Gymnasiasten ihre Schullaufbahn kurzerhand aufgegeben haben. Das muss man sich mal vorstellen, was das bedeutet. Da wird eine ganze Generation geschädigt. Es ist deshalb allen Verantwortlichen deutlich geworden, dass es unbedingt zum Aufbau dazu gehört, möglichst viele Schüler möglichst schnell wieder in den Unterricht zurückzubringen. In der Diözese Borongan z.B. hat der Bischof eine Ordensschwester mit dem Schulförderprogramm beauftragt. Sie muss bedürftige Schüler ausfindig machen und die betroffenen Familien soweit unterstützen, dass die Schüler ihre Schullaufbahn wieder fortführen.

5. Medizinische und sozial-psychologische Betreuung
Die medizinische Infrastruktur war schon vor dem Sturm schlecht. Jetzt sind viele Organisationen mit freiwilligen Ärzten unterwegs und organisieren sogenannte „medical missions“. Das erinnert etwas an Feldlazarette, wo sporadisch und nur vorübergehend geholfen werden kann. Das lindert die Not, aber eine beständige medizinische Versorgung fehlt nach wie vor. Zudem hat der Taifun viele traumatisierte Menschen zurückgelassen, vor allem Kinder. Eine umfassende psychologische Betreuung wäre vonnöten. Die Realität sieht so aus, dass die Menschen selber mit ihren Erlebnissen fertig werden müssen.

 

SDS-Spenden für die Diözese Borongan
Bei unserem Besuch war es für uns wichtig, mit den Verantwortlichen der Diözese zu sprechen, damit wir ungefähr wissen, wie unsere Spendengelder eingesetzt werden. Die Diözese Borongan engagiert sich in den oben genanten Bereichen. Der Bischof hat erzählt, dass viele Spenden zweckgebunden sind für Hilfsgüter oder Hausbauprogramme. Über frei verfügbare Spenden entscheidet die Finanzkommission der Diözese. Ich habe dem Bischof gesagt, dass unsere Spenden in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden können, Hauptsache es wird den Leuten geholfen. Im Detail möchte ich die Entscheidung der Diözese überlassen, denn die zuständigen Leute vor Ort sehen am besten, wo die Not am größten ist. Nachdem wir die Hilfsaktionen der Diözese Borongan gesehen haben, kann ich mit gutem Vertrauen sagen, dass unsere Spenden dort gut eingesetzt werden und die Hilfe tatsächlich bei den Menschen ankommt.

Die Dankbarkeit ist groß
Bischof Varquez bedankt sich ausdrücklich bei uns und den Spendern für all die Hilfe und die Opfer, die gebracht wurden, für die Menschen seiner Diözese. Der Finanzdirektor der Diözese, Fr. Tito Abuda, betont immer wieder wie froh sie über unsere Hilfe sind. Er ist nebenher noch Pfarrer und ließ mehrfach durchklingen, dass das Leben momentan nicht ganz einfach ist. Aber mit der Hilfe, die von außen kommt, kann man wenigstens konkret etwas zum Positiven ändern.

Auch bei unseren Exkursionen fiel uns immer wieder die Dankbarkeit der Leute auf. Es ist den Leuten sehr wohl bewusst, wie viel sie ausländischer Hilfe verdanken. An manchen Orten wurden wir wie die Könige empfangen. Wenn man irgendwo als Fremder auftaucht, wird man mit neugierigen und auch frohen Augen angeschaut. Die meisten Ausländer, die zur Zeit in der Gegend unterwegs sind, sind Angehörige von Hilfsorganisationen oder freiwillige Helfer. Und die Leute wissen das. Es wurde sehr hoch geschätzt, dass wir nicht einfach nur Geld schicken, sondern auch persönlich vor Ort erschienen sind. Die persönliche Aufwartung und Ermutigung ist den Menschen sehr viel Wert.

Ich möchte mich an dieser Stelle ebenfalls dem Dank so vieler Menschen anschließen. Wirklich ganz toll, wie viele spontan und großzügig geholfen haben. Ich wurde förmlich von einer Welle der Hilfsbereitschaft überrollt. Unzählige Privatpersonen, Gemeinden, Organisationen und Firmen haben gespendet. Herzlichen Dank an alle!

Übermenschliche Leistung der Pfarrer
Zu guter Letzt zollte ich allen Helfern meinen Respekt, vor allem den Pfarrern. Irgendwann fiel mir nämlich auf, welch hohen Belastungen die Pfarrer in den letzten Wochen ausgesetzt waren und bis heute sind. Die Pfarrer in den Katastrophengebieten wurden ja selber Opfer des Sturms. Dann hatten sie, wie jeder andere Mensch auch, Sorge um ihre eigenen Familienangehörigen. Und dann sollten sie noch den unzähligen Menschen helfen, die plötzlich alle in Not waren oder Tote zu beklagen hatten. Und schließlich sollten sie noch mit ihren zerstörten Kirchen und Pfarrhäusern das Gemeindeleben weiterführen. Vor dieser Leistung kann man nur den Hut ziehen.

Ein Lob für die Kirche und die Hilfsorganisationen
Unsere Kirche zählt zu denen, die am effektivsten geholfen haben. Insgesamt wird den Hilfsorganisationen ein gutes Zeugnis ausgestellt. Manche sind immer noch vor Ort und helfen bei der Aufbauarbeit die nächsten 2-3 Jahre, wie z.B. das Rote Kreuz und Caritas Germany. Die großen Hilfsorganisationen haben kompetentes Personal, sind erstklassig ausgerüstet und haben Massen an Hilfsgütern zur Verfügung. Genau das wird unmittelbar nach der Katastrophe gebraucht. Ihr Nachteil: Sie sind nicht vor Ort und müssen sich erst Zugang zum Krisengebiet verschaffen. Sie haben keine Ortskenntnisse und sind bei der Koordinierung von den lokalen Behörden abhängig. Genau an diesem Punkt hat es oft gehakt, weil sich die Behörden im Chaos selber nicht auskannten oder weil es Kompetenzstreitigkeiten gab. Leider gab es auch Leute, die aus der Situation politisch und auch finanziell Kapital schlagen wollten. Dazu fallen mir Vokabeln ein, die ich aus Gründen der Korrektheit hier nicht schreiben kann.

Die Kirche hatte den Vorteil, dass sie schon vor Ort präsent war mit Personal und etablierten Strukturen und zugleich regional und weltweit organisiert ist. Die ersten Hilfstransporte, die den Süden Samars erreichten, kamen aus der eigenen Diözese. Der Norden der Diözese Borongan war vom Sturm nicht betroffen. Die Pfarreien dort reagierten sofort und brachten Hilfe in den Süden. Erst nach und nach kam dann auch internationale Hilfe an. Wenn die philippinische Regierung zur Sprache kommt, bemerkt man Bitterkeit und Enttäuschung bei den Leuten. Auf Seiten der Behörden gab es viele Verzögerungen, Fehlplanungen und Unstimmigkeiten. Die Versorgungs- und Sicherheitslage ist wieder stabil, aber der Wiederaufbau erfordert noch große Anstrengungen. Vor allem kann man nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip handeln, sondern muss schauen, was die einzelnen Familien und Kommunen brauchen. Am Anfang brauchte jeder einfach nur Wasser, Essen, medizinische Versorgung und einen Unterschlupf. Jetzt muss mehr differenziert gehandelt werden, je nach Bedarf und je nachdem, was die Leute auch selber leisten können.

Bischof Varquez hat uns noch eine weitere Sorge anvertraut. Und zwar geht es um die Wiederherstellung der Kirchen, Pfarrhäuser und Schulen. Bisher hatten die Menschen Priorität, und die Spender wollten das auch so. Die Diözese steht vor einem großen Finanzierungsproblem, denn im Süden der Diözese blieb so gut wie keine Kirche oder Pfarrhaus unbeschädigt. Manche Kapellen in den Dörfern sind einfach weggefegt worden. Das Gemeindeleben muss wieder weitergehen, und man muss auch an den nächsten Sturm denken. Die Kirchen dienten als Evakuierungszentren, Notunterkünfte und Notkliniken.

Ein Blick auf den nächsten Sturm
Taifune sind etwas Normales in dieser Gegend. Wir haben im Durchschnitt ca. 20 Taifune pro Jahr in den Philippinen. Nur so schlimm wie dieses Mal war es eben noch nie. In Zeiten des Klimawandels weiß man nie, wann das nächste Mal so ein Sturm kommt. Manche Kommunen haben eine Bannzone eingerichtet, wo in unmittelbarer Nähe zum Meer nicht mehr gebaut werden darf. Manche Organisationen geben hilfreiche Anleitungen und Tipps beim Wiederaufbau der Häuser. Allein der Winkel der Dachschräge oder welche Nägel man verwendet hat, kann darüber entscheiden, ob das Haus den nächsten Sturm übersteht oder nicht. Man spürt deutlich das Bewusstsein, dass dies nicht der letzte Sturm war. Ich selber habe schon viele Taifune in den Philippinen erlebt. Es war aber auch für mich eine neue Erfahrung plötzlich in die Rolle eines Katastrophenhelfers zu geraten, einfach nur deshalb weil wir geographisch relativ nahe dran waren am Geschehen und weil viele Leute gefragt haben, wie sie helfen können.

Ich wurde auch gefragt, ob ich Spendenempfehlungen abgeben kann. Aus heutiger Sicht betrachtet wüsste ich, was ich tun würde. Wenn so eine Katastrophe geschieht und ich mit einer Spende helfen wollte, dann würde ich meine Spende aufteilen. Zuerst würde ich sofort an die großen Hilfsorganisationen spenden, die direkt und sofort in die akute Krisensituation eingreifen wie z.B. Caritas, Rotes Kreuz, THW, Ärzte ohne Grenzen, ASB u.a. Man hat zwar immer Sorge, ob das Geld auch wirklich ankommt, aber in einer solchen Situation ist es einfach enorm wichtig, dass möglichst schnell große Massen an Hilfsgütern und qualifiziertes Personal zu den betroffenen Menschen kommen. Nur die Großorganisationen sind in der Lage das zu leisten. Dann würde ich mir etwas Zeit lassen, mich zu informieren über Aufbauprogramme und möglichst direkte Kontakte ins Land zu suchen. Da würde ich dann den größeren Teil meiner Spende hinschicken.

Für mich war es faszinierend zu sehen, wie das globale Netzwerk Kirche funktioniert. Aus ein paar schlichten Email-Kontakten wird plötzlich ein Kanal, auf dem massiv Hilfe fließt. Man greift dabei auf persönliche Kontakte zurück, aber auch auf existierende Strukturen. Beides zusammen produziert quasi  über Nacht ein Hilfssystem, das vorher so gar nicht existiert hat. Es war faszinierend zu erleben wie die internationale Solidarität und Hilfsbereitschaft funktioniert hat.

Wenn ich mir so anschaue, was für Kräfte in unserer Kirche schlummern und was bis zum heutigen Tag geleistet wurde und immer noch geleistet wird, dann spüre ich einen gewissen Stolz in der Brust. Unsere Kirche - zudem noch mit einem Papst Franziskus an der Spitze - ist mir in diesen Wochen noch lieber und wertvoller geworden als sie das immer schon war.